Die Verwandtschaft kann man sich nicht aussuchen, seine Familie sehr wohl. Biologische Fakten lassen sich nicht vom Tisch wischen, aber mit wem man Innerstes und Äußerstes teilen will, Vergänglichkeit beweinen und Geburten feiern, wer im Morgengrauen klingeln darf, wem man beistehen würde, wem um Rat fragen, wen trösten, von wem man sich trösten lässt, all das kann man sich aussuchen – und in meiner Familie sind wir überzeugt davon, dass jeder Mensch Respekt verdient und zwar von vornherein.
Wir finden gerecht und nicht naiv, ein Leben in Gefahr zu retten, jedes Leben. Arzt, Schule, Wohnung, sauberes Wasser, dreckiger Sex und gute Schuhe. Wir bezweifeln nicht, dass jeder Mensch Rechte und Ansprüche haben soll, einfach nur, weil’s ihn gibt. Dass wir zuhören müssen, bevor wir reden, nachdem wir geredet haben. Das Recht des Stärkeren soll sich vom Recht des Schwächeren nicht unterscheiden, das Leben der Reichen hat Einfluss auf das Leben der Armen und umgekehrt. Da sind wir einig. Auch darin, dass zukünftiger Humanismus gegenwärtigen Feminismus voraussetzt. Dass es keine menschliche Rassen gibt, aber unmenschliche Umstände. Und die Grundlage dieser unserer Einigung ist LIEBE, die wir für identisch halten, mit der Idee vom Menschen selbst.
Wissen Sie, in meiner Familie sind wir sehr unterschiedliche Leute und trotzdem sind wir nett zueinander, haben uns etwas zu sagen, können voneinander lernen und sogar über einander erzählen. Wir leben zusammen. Und wir sind füreinander verantwortlich. Nämlich alle.
Ich würde mich gar nicht wundern, wenn Ihnen diese meine, Ihre Familie bekannt vorkommt.